Weimarer Klassik

Weimarer Klassik, auch deutsche Hochklassik, literaturgeschichtlicher Zeitraum zwischen 1786 – dem Beginn von Johann Wolfgang von Goethes erster italienischer Reise – und 1805, dem Todesjahr Friedrich von Schillers.

Zur Entfaltung gelangte die Weimarer Klassik am „Musenhof" der Residenzstadt Weimar im Herzogtum Sachsen-Weimar. Begriff und Einheit der Epoche konstituierten sich erst im 19. Jahrhundert. Die nachträgliche Stilisierung des Klassikkonzepts führte dazu, dass andere Protagonisten der Weimarer Klassik wie Karl Philipp Moritz (Über die bildende Nachahmung des Schönen, 1788), Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried Herder (Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, 1784-1791) oder Wilhelm von Humboldt kaum Beachtung erfuhren und die Rezeption nur der Kernphase von 1794 bis 1805, den Jahren der Freundschaft und Zusammenarbeit Goethes und Schillers, galt.

Im Sinne dieses Modells wurden der Epoche der Weimarer Klassik bestimmte ästhetische Leitideen und geschichtsphilosophische Konzepte zugeschrieben: Dazu gehörten die Orientierung an der Antike, das Streben nach Gestaltung von Typischem, die Welterfassung im Symbol sowie ein aus dem Einklang von Verstand und Gefühl, Geist und Natur geformtes harmonisches Welt- und Menschenbild. Für Goethes und Schillers Hauptwerke dieser knapp zwei Jahrzehnte wurde als gemeinsames poetologisches und zugleich weltanschauliches Merkmal ein auf eine „allgemeine Norm" des Wahren, Guten und Schönen bezogener künstlerischer Stilwille herausgestellt (Wilhelm Meister, 1795/96 und 1821/29, Iphigenie auf Tauris, 1787; Torquato Tasso, 1790; Don Carlos, 1787; Wallenstein, 1800; Über die ästhetische Erziehung des Menschen, 1795; Über naive und sentimentalische Dichtung, 1795/96). Zu den überhistorische Geltung beanspruchenden Grundpositionen der Weimarer Klassik zählen das Konzept der ästhetischen Autonomie – ein poetisches Werk muß sich nach Schiller „selbst rechtfertigen" –, ein idealistisches Kulturprogramm zur Bildung „wahrer Humanität" sowie die Verknüpfung des Kunstbegriffs mit einer organologischen Naturauffassung.

Für das Bildungsbürgertum des 19. Jahrhunderts wurde die Weimarer Klassik zum identitätsstiftenden Höhepunkt der deutschen Geschichte, das Studium ihrer Dichter zum nationalpädagogischen Programm; heute gilt das Interesse dagegen weniger dem normativen Charakter der historischen Epoche als der „Klassizität" ihrer Kunstwerke. 1999 wurde das „klassische Weimar" offiziell zum Weltkulturerbe erklärt.


Verfasst von:
Cornelia Fischer

 

Weimarer Republik

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EINLEITUNG

Weimarer Republik, von 1919 bis 1933 dauernde Ära der deutschen Geschichte; benannt nach dem ersten Tagungsort der Nationalversammlung, die 1919 dem Deutschen Reich eine republikanische, d. h. parlamentarisch-demokratische Verfassung gab.

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DIE GEBURT DER REPUBLIK

Angesichts der ausweglosen militärischen Lage des Deutschen Reiches im 1. Weltkrieg und sozusagen als Vorleistung für einen annehmbaren Friedensvertrag auf der Grundlage der Vierzehn Punkte des US-Präsidenten Woodrow Wilson erfolgte Ende September 1918 erstmals die Bildung einer parlamentarischen Regierung mit dem Prinzen Max von Baden als Reichskanzler an ihrer Spitze. Im Zuge der Novemberrevolution kam es zum völligen Zusammenbruch des monarchischen Systems in Deutschland: Am 9. November verkündete Max von Baden die Abdankung Kaiser Wilhelms II. und übertrug die Regierungsgeschäfte an den SPD-Vorsitzenden Friedrich Ebert; der Kaiser ging noch am selben Tag ins Exil. Am 10. November konstituierte sich unter dem Vorsitz Eberts der Rat der Volksbeauftragten aus SPD und USPD als provisorische Regierung.

Die während der Novemberrevolution überall im Reich entstandenen Arbeiter- und Soldatenräte warfen nun verstärkt die Frage nach der künftigen Verfassung auf: Rätesystem oder parlamentarisch-demokratische Verfassung. Die Mehrheitssozialisten im Rat der Volksbeauftragten sprachen sich klar für eine parlamentarisch-demokratische Verfassung aus und gingen ein Bündnis mit der Obersten Heeresleitung unter General Wilhelm Groener gegen mögliche Umsturzversuche von Links ein; auch ein Mitte Dezember in Berlin tagender Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte stimmte schließlich einem parlamentarisch-demokratischen System und Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung zu. Anfang Januar schlug die provisorische Regierung mit Hilfe Groeners in Berlin den Aufstand des Spartakusbundes nieder, der weiterhin für das Rätesystem und die grundlegende Revolutionierung der Gesellschaftsordnung kämpfte.

Bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 erhielten die republikanisch-demokratischen Parteien, SPD, Zentrum und Deutsche Demokratische Partei (DDP), die dann die Weimarer Koalition bilden sollten, drei Viertel der Stimmen. Ebert wurde der erste Präsident der Weimarer Republik. In Opposition zur Weimarer Koalition standen auf der rechten Seite die Deutschnationale Volkspartei (DNVP), auf der linken Seite die USPD und die aus dem Spartakusbund hervorgegangene KPD. Am 11. August 1919 nahm die Nationalversammlung mit der Mehrheit der Weimarer Koalition die Weimarer Verfassung an.

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KRISEN UND KONFLIKTE

Von Beginn an stand die junge Demokratie vor erheblichen ökonomischen und sozialen Problemen. Mit dem Versailler Vertrag, den die Nationalversammlung am 22. Juni 1919 auf Druck der Siegermächte angenommen hatte, musste das Deutsche Reich nicht nur beträchtliche Gebietsverluste hinnehmen, sondern wurde auch zu hohen Reparationszahlungen verpflichtet. Hinzu kam eine fortschreitende Inflation, die im November 1923 ihren Höhepunkt fand. Dieses Klima stärkte die antidemokratische Opposition auf der Linken ebenso wie auf der Rechten (Kapp-Putsch, Hitler-Putsch); nationalistische, monarchistische, kommunistische Gruppen waren eine ständige Bedrohung für die Demokratie. Auch das Verhältnis der deutschen Länder untereinander war ausgesprochen gespannt. In dieser Situation besetzte Frankreich 1923 das Ruhrgebiet und gab damit den nationalistischen, rechten Kräften noch weiteren Auftrieb; die Konflikte drohten zu eskalieren.

Noch 1923 setzte dann aber mit der Währungsreform und im darauf folgenden Jahr mit dem Dawesplan zur Klärung der Reparationsfrage eine gewisse Entspannung und eine Phase der Erholung ein. 1925 kam es zum Abschluss der Locarno-Verträge, im Wesentlichen ein Verdienst des Außenministers Gustav Stresemann. Die Beziehung zu Frankreich entspannte sich – das Deutsche Reich, Frankreich und Belgien bekannten sich zur Unverletzlichkeit der zwischen ihnen bestehenden Grenzen. Damit hatte das Reich die im Versailler Vertrag festgelegte Westgrenze endgültig anerkannt; am 8. September 1926 wurde das Deutsche Reich in den Völkerbund aufgenommen. Wirtschaftlich kam es seit der Annahme des Dawesplans 1924 mit Hilfe hoher amerikanischer Kredite zu einem Aufschwung.

Die Weltwirtschaftskrise 1929 markierte dann aber den Schlusspunkt dieser Zeit des Wachstums und der relativen politischen Stabilität. In Deutschland kam es angesichts des wirtschaftlichen Einbruchs zu großen politisch-sozialen Spannungen, in deren Folge sich auch die politische Situation schnell dramatisch zuspitzte. 1930 zerbrach die seit 1928 regierende „Große Koalition" unter Hermann Müller (SPD) an der Frage einer Beitragserhöhung für die Arbeitslosenversicherung, die sich den Verpflichtungen gegenüber einer sprunghaft steigenden Zahl von Arbeitslosen (1,8 Mio. Ende 1929) nicht mehr gewachsen sah. Die Arbeitslosenzahl wuchs in der Folge rasant weiter an: Ende 1930 waren bereits 4,4 Millionen Menschen ohne Anstellung, im Dezember 1932 schließlich über sechs Millionen.

Reichspräsident Paul von Hindenburg wendete sich nach dem Scheitern der Koalition gegen eine weitere Beteiligung der SPD an der Regierung und berief im März 1930 mit Heinrich Brüning einen Zentrumspolitiker zum Reichskanzler. Hinter der Weimarer Verfassung stand Hindenburg zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr, er strebte vielmehr eine monarchistische Restauration an.

Vor dem Hintergrund einer rasanten Verschärfung der politischen und der wirtschaftlichen Krise konnten die radikalen politischen Parteien auf der Linken wie auf der Rechten eine immer größere Gefolgschaft mobilisieren. Neben der KPD und der DNVP konnte insbesondere die NSDAP eine immer größere Anhängerschaft um sich scharen. 1930, nach der Auflösung des Reichstags durch Brüning, errang die NSDAP bei den Wahlen am 14. September mit 18,2 Prozent der Stimmen 107 Mandate. Brüning, der sich von den Neuwahlen die Stärkung seiner Position im Reichstag erhofft hatte, konnte nur mehr mit der Duldung der SPD regieren. Einen Monat nach seiner Wiederwahl zum Reichspräsidenten entließ Hindenburg im April 1932 Brüning.

Brünings Nachfolger Franz von Papen konnte den Rechtsruck nicht stoppen. Nach den durch abermalige Reichstagsauflösung nötig gewordenen Neuwahlen vom 31. Juli 1932 war die NSDAP mit 37,4 Prozent der Stimmen und 230 Sitzen stärkste Kraft im Reichstag. Auch wenn ihr Stimmanteil bei der abermaligen Neuwahl am 6. November um mehr als vier Prozent auf 33 Prozent fiel – der Aufstieg der Nationalsozialisten zur staatsbestimmenden Macht hatte begonnen. Kurt von Schleicher, der als Nachfolger Papens am 2. Dezember 1932 zum Reichskanzler ernannt worden war, scheiterte im Januar 1933 mit seinem Ansinnen, Hindenburg möge ihm entgegen den Bestimmungen der Verfassung zur Stabilisierung der politischen Lage für eine begrenzte Zeit diktatorische Vollmachten übertragen. Zugleich verständigten sich von Papen und Hitler auf die Bildung einer „Regierung der nationalen Konzentration". Am 30. Januar 1933 ernannte Hindenburg Hitler zum Reichskanzler. Die Weimarer Verfassung blieb zwar formell bis zum Ende des Deutschen Reiches in Kraft; mit dem Ermächtigungsgesetz wurde der Weimarer Republik jedoch de facto ein Ende gesetzt (siehe Nationalsozialismus).


Verfasst von:
Robert Sigel

 

Werner, Zacharias

Werner, Zacharias, eigentlich Friedrich Ludwig Zacharias Werner, (1768-1823), deutscher Dramatiker und Prediger.

Zacharias Werner wurde am 18. November 1768 in Königsberg geboren. Der Sohn eines früh verstorbenen Professors der Rhetorik begann 1784 in seiner Heimatstadt ein Jura- und Kameralistikstudium und nahm an der Universität an Kursen von Immanuel Kant teil. Sein literarisches Debüt gab Werner mit zeitüblicher Lyrik (Vermischte Gedichte, 1789). 1793 ging er in den preußischen Staatsdienst und hielt sich als Beamter einer südpreußisch-polnischen Departmentsverwaltung in Warschau auf, wo er E(rnst) T(heodor) A(madeus) Hoffmann und seinen späteren Verleger Hitzig kennen lernte. Von 1801 bis zum Tod seiner geisteskranken Mutter 1804 hielt sich Zacharias Werner wieder in Königsberg auf und begann, für das Theater zu schreiben (Die Söhne des Tales, 2 Teile, 1803/04; Das Kreuz an der Ostsee, 1806). Der Schauspieler August Wilhelm Iffland erkannte Werners dramatisches Talent und führte dessen historisches Schauspiel Martin Luther oder die Weihe der Kraft (1806) als Hauptdarsteller zu einem triumphalen Erfolg. Literarhistorische Bedeutung erwarb sich Werner als Begründer der „romantischen Schicksalstragödie" (u. a. Attila, König der Hunnen, 1808; Wanda, Königin der Sarmaten, 1808; Der vierundzwanzigste Februar, 1809 entstanden, 1815), die mit einer affektbetonten Mischung aus historischen, psychologischen und mystischen Motiven die Begeisterung des Publikums erregte.

Nach dem Scheitern seiner dritten Ehe reiste Werner nach Frankreich und in die Schweiz. Zwischen 1809 und 1813 hielt er sich in Rom auf, wo er 1810 zum Katholizismus konvertierte; er distanzierte sich von seinem bisherigen literarischen Werk (Die Weihe der Unkraft, 1813), studierte Theologie, wurde 1814 zum Priester geweiht, ging nach Wien und wurde als Ordensherr der Redemptoristen und suggestiver Kanzelprediger zu einer schillernden Figur der Restauration (Tragödie Die Mutter der Makkabäer, 1820). Zacharias Werner starb am 17. Januar 1823 in Wien.


Verfasst von:
Cornelia Fischer
 

Wienbarg, Ludolf

Wienbarg, Ludolf, Pseudonym Freimund Vineta, (1802-1872), Publizist und Schriftsteller. Er war ein wichtiger Vertreter des Jungen Deutschland innerhalb der deutschen Literatur.

Wienbarg wurde am 25. Dezember 1802 als Sohn eines Schmieds in Altona (Hamburg) geboren und studierte zwischen 1822 und 1825 in Kiel Theologie sowie anschließend in Bonn und Marburg Philosophie und Philologie. Schon vor seinem Studienabschluss 1829 war er als Hauslehrer tätig. 1830 lernte er in Hamburg Heinrich Heine kennen, dessen Vorbild er in seinen politisch getönten Reiseskizzen Holland in den Jahren 1831 und 1832 (1833) nacheiferte. 1833 erhielt Wienbarg eine Privatdozentur in Kiel, das Ergebnis dieser Vorlesungstätigkeit war die literaturtheoretische Abhandlung Ästhetische Feldzüge (1834), die mit ihrem gesellschaftskritischen Konzept einer Nationalliteratur zur Programmschrift des Jungen Deutschland wurde. 1835 gründete Wienbarg gemeinsam mit Karl Gutzkow die Deutsche Revue, fiel aber noch im gleichen Jahr unter das vom Bundestag erlassene Publikationsverbot für alle Jungdeutschen. Als Herausgeber literaturkritischer Zeitschriften blieb er dennoch unter großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten aktiv (1840 bis 1842 Deutsches Literaturblatt; 1842 bis 1846 Literarische und kritische Blätter). 1848 nahm Wienbarg als Freiwilliger am Feldzug gegen Dänemark teil (Darstellungen aus den Schleswig-holsteinischen Feldzügen, 1850/51). In den letzten beiden Jahrzehnten seines Lebens betätigte er sich nicht mehr publizistisch, 1868 wurde er geistig verwirrt in einer Irrenanstalt in Schleswig untergebracht, wo er am 2. Januar 1872 starb.

Verfasst von:
Cornelia Fischer

 

 

Wiener Volksstück

Wiener Volksstück, mit den Hanswurst-Stücken des 18. Jahrhunderts einsetzende Entwicklung des komischen Theaters in Wien, insbesondere am Kärntnertor-Theater und am Leopoldstädter Theater. Volksschauspieler wie Joseph Anton Stranitzky, Gottfried Prehauser, Anton Hasenhut, Ignaz Schuster u. a. prägten das possenhafte Genre mit ihrem persönlichen Stil. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Wiener Volksstück um Singspiele erweitert und bereichert, so am bedeutendsten durch Schikaneders Zauberflöte (1791) und Die Entführung aus dem Serail im Theater an der Wien. Seinen literarischen Höhepunkt erfuhr das Wiener Volksstück in den Dramenpossen von Ferdinand Raimund und Johann Nestroy.