Märchen (zu Mär, von althochdeutsch maren: verkünden, rühmen), Erzählung mit phantastisch-wunderbaren Elementen ohne raumzeitliche Festlegung, zu deren Personal Zauberer, Hexen, Feen, Gnome, Geister, Zwerge, Riesen, Drachen, redende Tiere, eingreifende Naturgewalten, verwunschene Menschen etc. gehören. Zumeist wird auf Figurenebene ein typisierender Kampf von Gut gegen Böse ausgetragen, wobei am tröstlichen Ende zumeist das Gute siegt. Dabei sind die Übergänge zu anderen Erzählformen wie Legende, Schwank, Sage, Fabel, Novelle usw. oftmals fließend. Märchen wurden zunächst mündlich tradiert; diese Volksmärchen waren zunächst an den Vortrag eines Erzählers in einem Hörerkreis gebunden, wobei Gestik und Mimik eine bedeutende Rolle spielten – eine Tradition, die in manchen orientalischen Ländern heute noch gepflegt wird (siehe Volksdichtung). Für den deutschsprachigen Raum wurden Volksmärchen von den Brüdern Grimm in ihren Kinder- und Hausmärchen (2 Bde., 1812 und 1815) gesammelt (siehe Grimms Märchen).
Eine Sonderform des Märchens ist das so genannte Kunstmärchen, das vor allem in der Romantik beliebt war. Bedeutende Kunstmärchen verfassten u. a. Johann Wolfgang Goethe, Ludwig Tieck, Eduard Mörike, Hans Christian Andersen und Hugo von Hofmannsthal. Darüber hinaus hat sich in der Märchenforschung der enge Begriff des Zaubermärchens etabliert, der allerdings klar umrissene Gattungsgrenzen impliziert, die keineswegs vorhanden sind.
Siehe auch Aschenputtel; Tausendundeine Nacht; Sindbad der Seefahrer
Mayer, Karl (1786-1870), Schriftsteller. Er gehörte zum schwäbischen Dichterkreis und gilt mit seinen lyrischen Miniaturen als typischer Vertreter des Biedermeier innerhalb der deutschen Literatur.
Mayer wurde am 22. März 1786 als Sohn einer altwürttembergischen Beamtenfamilie in Neckarbischofsheim geboren. Er studierte in Tübingen Jura, wo er Anschluss an den literarischen Freundeskreis um Ludwig Uhland und Justinus Kerner fand; von 1807 bis 1817 war er in Heilbronn Advokat. Nach einer ausgedehnten Reise durch Deutschland und Österreich wurde Mayer 1818 Assessor in Ulm und Esslingen, auch war er von 1824 bis 1843 Oberamtsrichter in Waiblingen und danach bis 1857 Oberjustizrat in Tübingen. In seiner populären Lyrik, die er auf Betreiben von Nikolaus Lenau unter dem Titel Lieder erstmals 1833 gesammelt publizierte, herrscht das Naturbild vor; seine Gedichte thematisieren kleine, unscheinbare Beobachtungen, die häufig mit einer moralischen Belehrung verknüpft werden. Im Ruhestand verfasste Mayer eine Reihe dokumentarischer Editionen zur schwäbischen Romantik, so Briefwechsel mit Lenau (1853), Ludwig Uhland, seine Freunde und Zeitgenossen (2 Bde., 1867), und seine Autobiographie Album schwäbischer Dichter (1864). Mayer starb am 25. Februar 1870 in Tübingen.
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Cornelia Fischer
Mesmerismus, nach dem deutschen Arzt Franz Anton Mesmer benannte und von ihm Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte Lehre des „animalischen Magnetismus" (auch „Lebensmagnetismus", häufig fälschlicherweise als „tierischer Magnetismus" übersetzt).
Der Mesmerismus basiert auf der Annahme einer universell vorhandenen Lebensenergie (Fluidum), die den gesamten Kosmos durchdringt und die Menschen sowohl mit der Erde und den Gestirnen als auch mit anderen Menschen verbindet. Dieses Fluidum verhält sich Mesmer zufolge entsprechend den Gesetzen des Magnetismus; ist es im menschlichen Körper ungleichmäßig verteilt, entstehen Krankheiten. Mit Hilfe von Magneten oder magnetisierten Gegenständen sowie bestimmter Techniken kann das Fluidum aktiviert, manipuliert und mittels des so genannten animalischen Magnetismus anderen Personen übermittelt werden. Auf diese Weise lassen sich bei Patienten „Krisen" (Trancezustände, heute als Hypnosezustände erkannt) herbeiführen, die die Energieblockaden lösen, den Fluss des Fluidums harmonisieren und so Krankheiten heilen.
Der Mesmerismus, der bis ins 19. Jahrhundert zahlreiche Anhänger fand und u. a. die Naturphilosophie der Romantik beeinflusste, wurde zu Lebzeiten Mesmers kontrovers diskutiert und seitens der Wissenschaft als Scharlatanerie eingeordnet. Dennoch erreichte Mesmer häufig einen engen Rapport mit seinen Patienten und konnte Heilerfolge bei nervösen Leiden aufweisen. Diese Erfolge lassen sich auf die von ihm entwickelten Behandlungstechniken zurückführen, die heute als Vorläufer der Hypnose- und Gruppentherapie angesehen werden. Der Mesmerismus fand auch lebhaften Niederschlag in der Literatur der Goethezeit, beispielsweise in den Erzählungen E. T. A. Hoffmanns.
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Barbara Rusch
Müller, Adam von (nach 1826 Ritter von Nittersdorf, 1779-1829), deutscher Staats- und Wirtschaftstheoretiker, Diplomat und Publizist. Müller wurde in Berlin geboren, studierte in Göttingen Staatswissenschaften und setzte sich kritisch mit dem Ökonomen Adam Smith auseinander. Müller kam mit der Familie, in der er als Hauslehrer tätig war, nach Dresden, wo er 1806 bis 1809 viel beachtete Vorlesungen hielt. 1805 konvertierte er zum Katholizismus. Nach 1811 lebte er in Wien, wo er zum Kreis der katholischen Spätromantiker gehörte und durch seine Vorlesungen berühmt wurde. Nach 1813 war er in verschiedenen österreichischen diplomatischen Diensten u. a. in Leipzig tätig. 1827 wurde er zum Hofrat nach Wien berufen.
Müllers Werke galten verschiedenen Themenbereichen wie Kunst, Literatur und Wissenschaft, wie etwa die Vorlesungen Von der Idee der Schönheit (1809) und die Zwölf Reden über die Beredsamkeit und deren Verfall in Deutschland (1816). Eine Staats- und Gesellschaftslehre legte Müller in dem dreibändigen Werk Die Elemente der Staatskunst (1809) vor. Der Staat ist für Müller eine geschichtlich gewachsene, umfassende Schicksals- und Kulturgemeinschaft der Menschen, die in ihrem historischen Kontext betrachtet werden muss. Die Basis für die staatliche Ordnung besteht für Müller in dem Gedanken der Gemeinschaft, deren Fortbestehen sie letztlich als gottgewollt auszeichnet. Müllers Lehren wurden insbesondere von Othmar Spann (1878-1950) wieder aufgenommen.
Mundt, Theodor (1809-1861), Schriftsteller und Literarhistoriker. Er war einer der führenden Publizisten und Literaturkritiker des Jungen Deutschland.
Mundt wurde am 19. September 1809 als Sohn eines Rechnungsbeamten in Potsdam geboren und studierte in Berlin Philosophie und Philologie; nach seiner Promotion 1830 ging er als Journalist nach Leipzig und arbeitete u. a. für die Blätter für literarische Unterhaltung. 1835 war er als Herausgeber des Literarischen Zodiakus, 1836/37 als Redakteur der in Berlin erscheinenden Dioskuren sowie 1838 bis 1844 als Redakteur des Freihafen und 1840 bis 1843 des Pilot tätig. Mit dem 1834 veröffentlichten Zeitroman Moderne Lebenswirren. Briefe und Abenteuer eines Salzschreibers und dem frivolen Emanzipationsroman Madonna, oder: Unterhaltungen mit einer Heiligen (1835) geriet der liberale Oppositionelle in Konflikt mit den Sittenwächtern der Restauration. 1839 heiratete Mundt Klara Müller, die als produktivste Romanautorin ihrer Zeit reüssierte; 1842 habilitierte er sich in Berlin, nachdem er mit seinen profunden literarhistorischen Studien Die Kunst der deutschen Prosa (1837) und Geschichte der Literatur der Gegenwart vom Jahre 1789 bis zur neuesten Zeit (1842) die Brücke zur wissenschaftlichen Darstellung geschlagen hatte. Mundt blieb aber auch als Universitätslehrer schriftstellerisch tätig und verfasste u. a. die historischen Romane Thomas Müntzer, (3 Bde., 1841) sowie Carmela oder die Wiedertaufe (1844) und das Kleine Skizzenbuch (1844).
Der Republikaner Mundt (zeit- und sozialanalytische theoretische Schrift Geschichte der Gesellschaft in ihren neueren Entwicklungen und Problemen, 1844) wurde im Revolutionsjahr 1848 auf eine Professur nach Breslau versetzt, zwei Jahre später nahm er seine Stellung als Universitätsprofessor in Berlin wieder ein, wo er etwa die Vorlesungen Geschichte der Literatur der Gegenwart (1842, erweiterte Ausgabe 1853) hielt. Nach seiner vorzeitigen Pensionierung 1853 veröffentlichte Mundt noch eine Reihe umfangreicher historischer Romane (u. a. Graf Mirabeau, 4 Bde., 1958; Robespierre, 3 Bde., 1859; Czar Paul, 6 Bde., 1861) und Reisebeschreibungen (Italienische Zustände, 4 Bde., 1858-1860). Mundt starb am 30. November 1861 in Berlin.
Verfasst von:
Cornelia Fischer