Karlsbader Beschlüsse

Karlsbader Beschlüsse, auf den Karlsbader Konferenzen im August 1819 beschlossene Maßnahmen zur Unterdrückung aller „demagogischer Umtriebe" mit Polizeigewalt. Anlass war die Ermordung des deutschen Dramatikers August von Kotzebue durch den Burschenschaftler Karl Ludwig Sand am 23. März 1819.

Die von dem österreichischen Staatskanzler Klemens Fürst von Metternich als der treibenden Kraft in Zusammenarbeit mit Preußen und acht weiteren Staaten ausgearbeiteten Beschlüsse sahen allgemeine Pressezensur, das Verbot der Burschenschaften, die Entlassung revolutionär gesinnter Lehrkräfte, die staatliche Überwachung der Universitäten und die Einrichtung einer Zentraluntersuchungskommission in Mainz vor. Der Bundestag des Deutschen Bundes nahm auf Betreiben Preußens und Österreichs am 20. September 1819 die Beschlüsse einstimmig an.

Die Karlsbader Beschlüsse waren im Rahmen der Metternich’schen Demagogenverfolgung die rigidesten gesetzlichen Maßnahmen gegen liberale und nationale Kräfte und blieben bis zur Märzrevolution 1848 in Kraft. Zusammen mit der Heiligen Allianz bildeten sie die Eckpfeiler des reaktionären „Systems Metternich", mit dem dieser die überkommene Ordnung sichern wollte.

 

Klassizismus (Literatur)

Klassizismus (Literatur), Bezeichnung für das vor allem in der Klassik aufkommende Bestreben, sich normativ an den Poetologien und Dichtungen der (griechischen und römischen) Antike zu orientieren. Dabei stand das in der Renaissance und im Humanismus entwickelte rationalistische Ideal einer harmonischen Regelpoetik im Zentrum des Interesses. Die Produktion „guter" Literatur wurde für lehrbar – und lernbar – gehalten.

In Italien lassen sich klassizistische Tendenzen seit Beginn des 16. Jahrhunderts beobachten. Hier schuf Gian Giorgio Trissino 1515 mit Sofonisbe die erste am antiken Drama ausgerichtete Tragödie, die die von Aristoteles geforderte Einhaltung der drei Einheiten berücksichtigte (die Poetik des Aristoteles selbst wurde 1570 von Lodovico Castelvetro übersetzt). Seinen Höhepunkt erreichte der italienische Klassizismus zu Ausgang des 18. Jahrhunderts, namentlich mit den Dichtungen Vincento Montis (siehe italienische Literatur).

In Frankreich orientierte sich die Dichterschule der Pléiade am antiken Modell. Im 17. Jahrhundert waren es Autoren wie Jean Racine, Molière und Pierre Corneille, die ihre Literatur am klassischen Stil ausrichteten (siehe französische Literatur). In England etablierten vor allem Ben Jonson und John Dryden das ästhetische Ideal des alten Griechenlands und Roms. Eine besondere Ausprägung erfuhr die klassizistische Literatur während des gegen Ende des 17. Jahrhunderts beginnenden Augustian Age, dessen Hauptexponent Alexander Pope war (siehe englische Literatur).

Ausgehend von französischen und italienischen Vorläufern, formulierte in Deutschland Martin Opitz im 17. Jahrhundert eine klassizistisch ausgerichtete Regelpoetik. Des Weiteren vertrat Johann Christoph Gottsched diese Auffassung, dessen Reformierung des deutschen Dramas im Sinne der aristotelischen Auffassung und des französischen Klassizismus im 18. Jahrhundert bis zu Gotthold Ephraim Lessing verbindlich war. Dementsprechend standen neben dem Drama Bildungsdichtung, Anakreontik, Idylle, Ode und Graziendichtung im Zentrum der literarischen Produktion. Klassizistische Tendenzen zeigte auch die Literatur des Sturm und Drang und der Weimarer Klassik (Goethe, Schiller, Wieland, Herder, Hölderlin). Eine Orientierung am 18. Jahrhundert führte dann bei Autoren wie August von Platen und dem zum Münchner Dichterkreis gehörenden Paul von Heyse, im 20. Jahrhundert bei Stefan George zu einer (bisweilen epigonalen) Neubelebung der klassizistischen Tradition (siehe deutsche Literatur).

 

Komödie

Komödie (zu griechisch kōmēdía: Gesang zu einem frohen Gelage), neben der Tragödie die wichtigste Gattung des europäischen Dramas. In der Komödie konstituiert das Komische die Handlung. Sie entstand im Zuge der im antiken Griechenland abgehaltenen kultischen Feiern zu Ehren des Gottes Dionysos (siehe Theater) und verband von Anfang an Wortkomik mit pantomimischen Elementen. Sonderformen sind etwa Gesellschafts-, Sitten-, politische und Konversationskomödie, des Weiteren Typenkomödie, Wiener Volksstück, Volksstück und Vaudeville.

Die früheste bekannte Komödie wurde 486 v. Chr. in Athen aufgeführt. Einer der ersten großen Dichter der Gattung war Aristophanes, der noch stark satirische Elemente ins Zentrum stellte. Später wurde die attische Komödie – wie auch die römische (etwa von Livius Andronicus, Plautus, Terenz) – mehr durch den rein komischen Dialog bestimmt. Im Mittelalter gelangten kaum antike Komödien zur Aufführung; hingegen wurde das Fastnachtsspiel populär. Erst die italienische Renaissance griff im 15. Jahrhundert die Tradition wieder auf. Im 20. Jahrhundert dann entstanden Mischformen zwischen Tragödie und Komödie (Tragikomödie, Groteske, absurdes Theater etc.).

 

Konstitutionelle Monarchie

Konstitutionelle Monarchie, Staats- und Regierungsform, bei der ein Monarch an der Spitze von Staat und Regierung steht, dessen Rechte jedoch nicht mehr absolut, sondern von der Verfassung eingeschränkt sind. Die konstitutionelle Monarchie markiert damit den Übergang vom Absolutismus zur bürgerlichen Demokratie. Dem Parlament obliegt das Haushalts- und Gesetzgebungsrecht, einer unabhängigen Justiz die Rechtsprechung. Weiteres Kennzeichen einer vollzogenen Gewaltenteilung ist die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. In den meisten noch bestehenden Monarchien ist die konstitutionelle von der parlamentarischen Monarchie abgelöst worden, in der die Funktion des Königs nur mehr eine repräsentative ist. Die erste konstitutionelle Monarchie war England seit der Glorious Revolution von 1688/89.


Verfasst von:
Andreas Vierecke

 

Kunstgeschichte

Kunstgeschichte, allgemein die Entwicklungsgeschichte der Kunst von ihren Anfängen, im Besonderen eine sich seit Ende des 18. Jahrhunderts ausdifferenzierende wissenschaftliche Teildisziplin der Kunstwissenschaft, die sich mit der Erforschung der bildenden Kunst (des Abendlandes) seit der Antike – im Gegensatz zu Archäologie und Ethnologie – befasst. Voraussetzung war die Ausbildung eines historischen Bewusstseins um 1700.

Die Ursprünge der Kunstgeschichte reichen bis in die Antike zurück. Ansätze von systematischen Darstellungen zu Bereichen der bildenden Kunst und Architektur finden sich – neben dem nicht erhaltenen Kanon des Polyklet – beispielsweise in den Reisebeschreibungen des Pausanias, der Naturgeschichte Plinius des Älteren oder den architekturtheoretischen Werken Vitruvs. Die Bemühungen des Mittelalters blieben eher bedeutungslos. In der Renaissance gaben die Schriften Leonardo da Vincis, Pieros della Francesca und Giottos, vor allem aber die Lebensbeschreibungen des Giorgio Vasari (1550, stark erweitert 1568) über Leben und Werk von Architekten, Malern und Bildhauern einen wichtigen Anreiz. Vasari gilt denn auch als Urvater der Kunstwissenschaft. Weitere wichtige Künstlerbiographien wurden in Holland von Karel van Mander (Het Schilder-Boeck, 1604), in Frankreich von André Félibien (1666-1688) und in Spanien von Antonio Palomino (1724) verfasst. In Deutschland erschien 1675 bis 1679 die zweibändige Studie L’Accademia Tedesca ... Oder Teutsche Academie der Edlen Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste von Joachim von Sandrart. Den eigentlichen Grundstock zu einer Kunstgeschichte im heutigen Sinn aber legte Johann Joachim Winckelmann mit seiner Geschichte der Kunst des Altertums (1764): Wird hier doch erstmals der systematische Versuch unternommen, die Kunst in einen historischen, religiösen und soziokulturellen Kontext einzubetten sowie ihre Ursprünge und Entwicklungsstränge nachzuzeichnen und Epochen nach Stilrichtungen abzugrenzen. Danach folgten zahlreiche Werke mit kunsthistorischem Anspruch, darunter Johann Georg Herders Abhandlung über Plastik (1778), Goethes Versuch über die Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil (1789) und Johann Adolf Schlegels Die schönen Künste aus einem Grundsatz hergeleitet (1751, in Anlehnung an Charles Batteux’ Traité sur les beaux-arts réduits à un même principe, 1746). Wichtig waren auch die Kunstauffassungen der Romantik und des philosophischen Idealismus (Kant, Schelling, etc.). Vor allem bei Hegel gehen Ästhetik und kunsthistorische Entwicklung – zwei Bereiche, die sich später als Wissenschaftsdisziplinen voneinander emanzipierten – konform.

Der erste Lehrstuhl für Kunstgeschichte wurde 1844 in Berlin für Gustav Friedrich Waagen eingerichtet. Ein weiteres Zentrum zur Mitte des 19. Jahrhunderts war Wien, wo Robert Eitelberger von Edelberg zwischen 1871 und 1882 die Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance in 18 Bänden herausgab. Des Weiteren war Giovanni Morelli bedeutend, dem es gelang, über charakteristische Details im Werk von Künstlern (etwa bei der Darstellung von Ohren und Fingern) bestimmte Gemälde genau zuzuschreiben. Vor allem aber Jacob Burckhardt schuf mit Die Cultur der Renaissance in Italien (1860) ein Werk, das Kunst im Kontext der Gesamtkultur sowie der politischen bzw. religiösen Voraussetzungen zu deuten suchte und damit der Kunstgeschichte eine entscheidende Richtung wies. Eine reine Formorientierung der Disziplin etablierten Conrad Fiedler mit seiner kunstautonomen Theorie des „reinen Sehens" sowie Heinrich Wölfflin, der Mal- und Stilwandel aus veränderten Wahrnehmungsmustern zu erklären suchte. Später brachten etwa Aby Warbung und Erwin Panofsky – ausgehend von Ernst Cassirer – den Begriff des „Symbols" in die Diskussion und betrachteten Kunst somit wieder als Verweisungssystem in einem umfassenden Gesamtkomplex.

Neben der Ikonographie – und strukturanalytischen Ansätzen (Hans Sedlmayr) – war die von Aby Warburg entwickelte und u. a. von Erwin Panofsky fortgeführte Ikonologie bis Mitte des 20. Jahrhunderts die zentrale Untersuchungsmethode der Kunstgeschichte. Daneben etablierten sich soziologische Ansätze (Arnold Hauser) und psychoanalytisch orientierte Theorien (Ernst Gombrich). Um die kunstgeschichtliche Untersuchung der Moderne bzw. Postmoderne machten sich z. B. Max Imdahl und Werner Hofmann verdient.

Siehe auch Ästhetik; Architekturtheorie

 

Künstlerroman

Künstlerroman, Sonderform des Bildungs- oder Entwicklungsromans, deren Gegenstand das Schicksal einer erfundenen oder realen (zumeist berühmten) Künstlerpersönlichkeit ist. Als erstes Werk dieses Genres innerhalb der deutschen Literatur gilt der Malerroman Ardinghello und die glückseligen Inseln (1787) von Wilhelm Heinse, in dem bereits das zentrale Thema aller nachfolgenden Künstlerromane – die existentielle Spannung zwischen dem Individualanspruch des Künstlers und den Gesellschaftsnormen bzw. den Erfordernissen des praktischen Lebens – angeschlagen wird. Johann Wolfgang von Goethe suchte im Wilhelm Meister den Ausgleich dieser antagonistischen Kräfte, die Romantik behauptete demgegenüber wieder das Recht des Künstlers auf seine genialische Außenseiterrolle. Beispiele hierfür sind Wilhelm Wackenroders Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders (1797), Ludwig Tiecks Franz Sternbalds Wanderungen (1798), Novalis’ Heinrich von Ofterdingen (1802), E. T. A. Hoffmanns Kreisleriana (1814/15) und Eduard Mörikes Maler Nolten (1832).

Im Realismus führte Gottfried Keller in der ersten Fassung seines Grünen Heinrich (1854/55) das Scheitern des Künstlers vor. Mit Hermann Kurz’ Schillers Heimathjahre (1843) setzt der kulturhistorisch-biographische Künstlerroman ein, der in seiner sentimental verflachten Trivialform kommerziell überaus erfolgreich war. (So wurde etwa Albert Emil Brachvogels Friedemann Bach von 1858 noch im 20. Jahrhundert mehrfach aufgelegt.) Zu den anspruchsvolleren Beispielen zählen Franz Werfels Verdi (1924) oder Lion Feuchtwangers Goya (1951). Thomas Mann verknüpfte in seinem „Lebens- und Geheimwerk" Doktor Faustus 1947 das Nietzsche-Sujet mit der zeitgenössischen politischen Problematik und jener seiner eigenen Künstlerexistenz; damit schuf er den exemplarischen Künstlerroman der Epoche.

 

Kunstmärchen

Kunstmärchen, literarische Sonderform des Märchens, die im Gegensatz zum anonymen, zunächst mündlich tradierten und in zahlreichen Varianten existierenden Volksmärchen von einem bestimmten Autor verfasst wurde und in ihrer Textgestalt eindeutig fixiert ist. Kunstmärchen zeigen sich demnach von literarischen Strömungen und der Wirkungsabsicht des Autors beeinflusst: Sie können einen betont artifiziellen Charakter aufweisen oder den naiven Ton der Volksmärchen imitieren. Die strenge Unterscheidung zwischen Volks- und Kunstmärchen kam erst durch die Märchenforschung und -dichtung der Brüder Grimm zustande (Kinder- und Hausmärchen, 1812-1815); in ihrer Sammlung finden sich beide Gattungstypen nebeneinander.

Die Geschichte des deutschen Kunstmärchens beginnt mit Christoph Martin Wielands Versgeschichten und Feenmärchen in seinem Erstlingsroman Die Abentheuer des Don Sylvio von Rosalva (1764). Johann Wolfgang von Goethes Mährchen in den Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten (1795) ist mit seinem unausschöpflichen Symbolgehalt ein erster Höhepunkt der Gattung und macht das Märchenhafte selbst zum Thema des Erzählens. Ludwig Tiecks epische Märchendichtungen, die Binnenmärchen in Novalis’ Heinrich von Ofterdingen, E. T. A. Hoffmanns Der goldene Topf (1814) und Clemens Brentanos Gockel, Hinkel und Gackeleia (1811-1838) sind mit ihrem allegorisch-philosophischen oder romantisch-naturhaften Ton (siehe Romantik) Erzählgut für Erwachsene. Insbesondere im 19. Jahrhundert war das Kunstmärchen eine gemeineuropäisch überaus beliebte Gattung und wurde u. a. von George Sand, Hans Christian Andersen und Oscar Wilde genutzt. Psychologisches Interesse weisen die Kunstmärchen der Jahrhundertwende auf, darunter Hugo von Hofmannsthals Das Märchen der 672. Nacht (1895). Auch Autoren des 20. Jahrhunderts bedienen sich des Kunstmärchens mit unterschiedlichster Intention, so Bertolt Brecht, Johannes Bobrowski und Peter Handke.


Verfasst von:
Cornelia Fischer