Gedicht

Gedicht, ursprünglich Bezeichnung für alles Geschriebene, seit dem 18. Jahrhundert nahezu ausschließlich auf poetische Texte bezogen (so nannte Sebastian Brant sein Narrenschiff von 1494 ein „Lehrgedicht", Schiller seinen Don Carlos ein „dramatisches Gedicht"). Danach blieb der Begriff zumeist auf den Bereich der Lyrik beschränkt.

Bis zur Moderne war das Gedicht als lyrische Form an die überlieferten Gattungsmerkmale – Metrum, Reim, Strophe – gebunden. Danach etablierten sich zunehmend freie Verse. Eine Sonderform zwischen Lyrik und Prosa ist das Prosagedicht, das nicht nur in der französischen Literatur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine wichtige Rolle spielte (bedeutendste Werke: Baudelaires Petits poêmes en prose, Rimbauds Les Illuminations).

 

Geschichtsdrama

Geschichtsdrama, Bezeichnung für einen Dramentyp, der einen authentischen historischen Stoff gestaltet bzw. frei abwandelt oder den Verlauf der Geschichte deutet und somit die Geschichtsauffassung des Autors sichtbar macht. Eine Sonderform stellen geschichtsphilosophische Dramen ohne konkreten historischen Bezug wie Johann Wolfgang von Goethes Natürliche Tochter (1803) und Hugo von Hofmannsthals Der Turm (1928) dar. In allen Fällen liegt aber die eigentliche ästhetische und philosophische Problematik in der „Umwandlung" der Geschichte (so Georg Wilhelm Friedrich Hegel in seiner Ästhetik) durch den Autor.

Als erstes Geschichtsdrama gelten Die Perser des Aischylos (Uraufführung 472 v. Chr.). Einen Höhepunkt erreichte die Gattung im Elisabethanischen Theater mit William Shakespeares Geschichtstragödien und Historienzyklen. Vom 17. bis zum 19. Jahrhundert bildete die Historie bzw. die christliche Heilsgeschichte beinahe den einzigen Stoffbereich der Tragödie; bedeutende Zeugnisse sind etwa Christopher Marlowes Edward II. (1594), Lope de Vegas Columbus (1614), Pierre Corneilles Le Cid (1637) und Joost van den Vondels Maria Stuart (1646). Als erstes deutsches Geschichtsdrama gilt Johann Elias Schlegels Hermann (1741), gefolgt von Goethes Götz von Berlichingen (1774). Friedrich Schillers historische Dramen zeigen im Individuellen das Gesetzmäßige der Geschichte, so Wallenstein (1793-1799), Don Carlos (1787) und Maria Stuart (1801); eine spezifische, zeithistorisch-biographische Form des Dramentyps schuf Heinrich von Kleist mit Die Hermannsschlacht (1808) und Prinz Friedrich von Homburg (1810). Die Geschichtsverehrung der Romantik zog viele Geschichtsdramen nach sich, u. a. von Zacharias Werner, Clemens Brentano oder Achim von Arnim; ebenso brachten die literarischen Strömungen der Restaurationszeit, des Jungen Deutschland und des Naturalismus je eigene Abwandlungen hervor; Herausragendes auf dem Gebiet leisteten etwa Franz Grillparzer, Christian Dietrich Grabbe, Christian Friedrich Hebbel und Gerhart Hauptmann. Publikumsorientierte Formen des späteren 19. Jahrhunderts waren historische Kostümstücke, etwa von Victor Hugo und Alexandre Dumas père, sowie historische Lustspiele.

Im 20. Jahrhundert entwickelt sich neben den traditionalistischen, teilweise epigonalen Geschichtsdramen von Ernst von Wildenbruch, Detlev von Liliencron, Erwin Guido Kolbenheyer etc. das politische Geschichtsdrama; hierzu gehören etwa die Revolutionsdramen von Ernst Toller oder die Lehrstücke von Bertolt Brecht. Die jüngste Phase der Gattung ist geprägt vom Dokumentartheater eines Rolf Hochhuth, Heinar Kipphardt oder Peter Weiss.


Verfasst von:
Cornelia Fischer

 

Grimms Märchen

Grimms Märchen, Märchensammlung der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, die in zwei Teilen 1812 und 1815 unter dem Titel Kinder- und Hausmärchen erschien.

Die Sammlung umfasste 240 so genannte Volksmärchen – ein von Jacob Grimm geprägter Begriff, der die enthaltenen Texte als Schöpfung einer anonymen „Volksseele" ausweisen sollte und der damit im Gegensatz zur verstärkt in der Romantik propagierten Gattung des Kunstmärchens als Produkt einer konkreten Dichterpersönlichkeit stand. Zu ihrem Projekt wurden die Brüder Grimm durch Achim von Arnim und Clemens Brentano inspiriert, die 1805 mit Des Knaben Wunderhorn eine Anthologie von Volksliedern vorgelegt hatten. Rund 40 Mitarbeiter trugen die mündlich überlieferten Texte der Kinder- und Hausmärchen zusammen, 30 schriftliche Quellen ergänzten die Sammlung. Dabei stand der Grundsatz einer möglichst geringen Nachbearbeitung („alles durch den Mund des Volkes") im Vordergrund. Eine 1825 erschienene Kleine Ausgabe der Grimm’schen Sammlung, die 50 Märchen enthielt, begründete den Erfolg des am häufigsten übersetzten und wohl am weitesten verbreiteten deutschsprachigen Buches. Zu den bekanntesten Märchen der Sammlung gehören Frau Holle, Rumpelstilzchen, Brüderchen und Schwesterchen, Dornröschen und Der Teufel mit den drei goldenen Haaren.


Verfasst von:
Stephan Lücke

 

Görres, Johann Joseph von

Görres, Johann Joseph von (1776-1848), deutscher Publizist und Gelehrter, geboren in Koblenz. Görres wurde am 25. Januar 1776 in Koblenz geboren. Begeistert von den Idealen der Französischen Revolution, agitierte er zunächst für den Anschluss der linksrheinischen Gebiete an Frankreich. Nach enttäuschenden Erfahrungen in Paris 1799 konzentrierte er sich auf seine naturwissenschaftliche Lehrtätigkeit und die Herausgabe volkstümlicher deutscher Literatur; u. a. veröffentlichte er Die teutschen Volksbücher (1807) und die Altteutschen Volks- und Meisterlieder (1817). 1814 gründete er in Koblenz den Rheinischen Merkur, der als Prototyp einer politischen Zeitung zum meistgelesenen deutschen Blatt wurde. In ihm plädierte Görres leidenschaftlich für den Kampf gegen Napoleon I. und die Schaffung eines deutschen, freiheitlich verfassten Nationalstaates unter österreichischer Führung. Im Zuge der Restauration wurde die Zeitung verboten. Nach der Veröffentlichung seiner Schrift Teutschland und die Revolution (1819) musste er fliehen. Ab 1827 hatte Görres in München eine Professur für Geschichte inne, sammelte hier einen Kreis katholischer Gelehrter um sich und gab ab 1838 die Historisch-politischen Blätter für das katholische Deutschland heraus. Görres starb am 29. Januar 1848 in München.


Verfasst von:
Wieland Eschenhagen