Deutsches Theater, 1883 von Adolph L’Arronge in Berlin gegründetes Theater, das mit Kabale und Liebe von Friedrich von Schiller eröffnete.
1894 bis 1904 wurde das Deutsche Theater von Otto Brahm geleitet, anschließend von Max Reinhardt, der 1906 die Kammerspiele anschloss. Unter Otto Brahm, der sich für den Naturalismus stark machte, vor allem aber unter Max Reinhardt entwickelte sich das Deutsche Theater zum Mittelpunkt der Theaterkunst in Deutschland: Sein Ensemble erlangte durch zahlreiche Gastspiele im Ausland Weltruhm. Gespielt wurden vor allem Klassiker, insbesondere Dramen von William Shakespeare, aber auch zeitgenössische Stücke, darunter solche von Gerhart Hauptmann, Henrik Ibsen, Frank Wedekind oder August Strindberg. Zu den berühmten Schauspielern der Reinhardt-Ära gehören Elisabeth Bergner, Tilla Durieux, Werner Krauss und Paul Wegener. Während der Zeit des Nationalsozialismus leitete Heinz Hilpert das Haus. Nach dem 2. Weltkrieg wurde es als Deutsches Theater Berlin zur führenden Bühne der DDR: So war es von 1949 bis 1989 Staatstheater. Zu den bedeutenden Theaterpersönlichkeiten dieser Zeit gehören der Regisseur Benno Besson sowie die Dramatiker Peter Hacks und Heiner Müller. Nach der Wiedervereinigung übernahm Thomas Langhoff die Intendanz; 1999 wurde der Intendant des Berliner Maxim-Gorki-Theaters, Bernd Wilms, zu seinem Nachfolger bestimmt.
Verfasst von:
Ulrike Pichler
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EINLEITUNG |
Drama (griechisch: Handlung), Oberbegriff für jegliche Art von Theaterstücken. Die Dramatik ist neben Epik und Lyrik die dritte Grundgattung der Dichtkunst. Formen sind etwa Tragödie, Komödie, Tragikomödie, Posse, Lustspiel, Farce, Monodrama, Volks-, Lehr- oder Antistück (letzteres im so genannten Antitheater). Zumeist nach Akten und Szenen gegliedert – zurückgehend auf die Ars poetica des Horaz waren lange Zeit fünf Akte verbindlich –, werden einzelne Textpassagen des Dramas Figuren (teils auch einem kommentierenden Chor oder einem durch die Handlung führenden Erzähler) zugeordnet, die entweder psychologische Charaktere sind, oder aber – wie im Ideendrama des Expressionismus – als typisierte Ideenträger fungieren. Mögliche Bestandteile sind auch Prolog oder Epilog. Das Merkmal des als Rede und Gegenrede die Handlung vorantreibenden Dialogs bestimmt vor allem neuere Stücke – etwa die des absurden Theaters – nicht mehr zwingend (monologisches Drama): Dort ist teilweise die Verlaufsstringenz ganz aufgehoben. Auch haben andere, namentlich seit Aristoteles verbindliche Normen (siehe unten) im modernen Drama nur noch bedingt Gültigkeit. Vor allem Bertolt Brecht wollte seine Dramen deshalb als „Theaterstücke" bzw. „Stücke" verstanden wissen, eine Bezeichnung, die, anders als das griechische Wort, nicht länger einen Handlungsaspekt ins Zentrum stellt.
Zum Drama als Gattung gehört seine szenische Realisierung auf einer Bühne, bei der u. a. Regisseur und Dramaturg mitwirken. Ausnahme ist das so genannte Lesedrama, sofern es nicht nur deshalb als solches bezeichnet wird, weil zur Zeit seiner Entstehung die technischen, sozialen, ästhetischen oder politischen Voraussetzungen für seine Umsetzung noch nicht gegeben waren. Die europäische Tradition des Dramas beginnt im 5. Jahrhundert v. Chr. im antiken Griechenland und ist von Anfang an mit der Geschichte des Theaters verknüpft, für das es oftmals als literarische Vorlage dient. Unten nicht näher ausgeführte Sonderformen des Dramas sind etwa das Märtyrerdrama, die von Ben Jonson begründete Comedy of Humours und die Sittenkomödie (vor allem die so genannte Comedy of Manners innerhalb der englischen Literatur), die Stegreifkomödie der Commedia dell’arte, das Seelendrama etwa bei Johann Wolfgang von Goethe, das Tyrannendrama, das Familienstück eines August Wilhelm Iffland oder August von Kotzebue, die düster-spätromantische Schicksalstragödie, das Künstlerdrama, das Melodrama, das Psychodrama, die Typenkomödie, das Volksstück (speziell das Wiener Volksstück) und das fürs Boulevardtheater geschriebene Boulevardstück.
Zur Dramatik einzelner Länder vergleiche die jeweiligen Übersichtsartikel über nationale Literaturen, zur außereuropäischen Dramatik etwa südostasiatisches Theater, indisches Theater, japanisches Theater und asiatisches Theater, des Weiteren jiddisches Theater und hebräisches Theater.
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DRAMENTHEORIE |
Im Mittelpunkt der Dramentheorie von der Antike über den Humanismus, die Renaissance und den Barock bis hin zum Klassizismus steht die Poetik des Aristoteles. Sie diente u. a. Julius Cäsar Scaliger, Martin Opitz, Nicolas Boileau-Despréaux oder Johann Christoph Gottsched als Richtmaß. Dementsprechend blieb die aristotelische Forderung nach einer Einheit von Ort (der Schauplatz des Dramas blieb unverändert), Zeit (Spielzeit und gespielte Zeit waren identisch) und Handlung (Geschlossenheit und Stringenz der Darstellung blieb gewahrt) im deutschsprachigen Raum bis zu Johann Gottfried von Herder bzw. bis zum Sturm und Drang verbindlich. (Herders Vorbild war die „offene", d. h. keiner äußeren Regelhaftigkeit unterliegende Form bei William Shakespeare.) Dabei wurde der Mimesis-Gedanke der Poetik lange Zeit als Forderung nach einer bloßen Nachahmung der Natur durch das Drama missverstanden: Tatsächlich zielt Mimesis bei Aristoteles gerade auf die Antizipation eines idealen Zustands.
Eine weitere gattungskonstituierende Forderung der aristotelischen Poetik war die nach der Darstellung eines der Tragödie angemessenen außergewöhnlichen Schicksals. Daraus entwickelte sich in der Renaissance, die Außerordentlichkeit zumeist mit sozialem Rang verknüpfte, der Gedanke einer Ständeklausel, der zufolge nur Menschen von Adel tragödienwürdig seien. Charakteren niederen Standes blieb die Komödie vorbehalten, eine Regel, mit der theoretisch erst Gotthold Ephraim Lessing, praktisch das bürgerliche Trauerspiel brach. Weitaus wirksamer als Aristoteles’ Vorstellung einer Dreigliederung des Geschehens (sie führte vor allem im Theater der spanischen Literatur zu einer Aufteilung der Dramenstruktur in drei Akte) war die Idee einer „Reinigung" des Zuschauers durch das in der Tragödie dargestellte Schicksal vermittels einer Katharsis: Danach sollte die Tragödie „Jammer" (éleos) und „Schauder" (phóbos) im Betrachter erwecken, um die Katharsis zu provozieren. Über eine lateinische Übertragung der Poetik, welche die griechischen Begriffe mit misericordia („Mitleid") und metus („Furcht") übersetzte, erhielt der aristotelische Grundgedanke eine vor allem von Pierre Corneille propagierte Uminterpretation ins Moralische, der zufolge der Betrachter von den in der Tragödie dargestellten Affekten (den seelischen Erregungen) gereinigt werden solle. Demgegenüber vertrat Lessing die – ebenfalls moralische – Auffassung, dass die Katharsis darin bestehe, die dargestellten Leidenschaften nicht zu überwinden, sondern in „tugendhafte Fertigkeiten" zu verwandeln. In der Moderne gab der klassische Philologe Wolfgang Schadewaldt (1900-1974) dem Gedanken eine therapeutische Komponente, während Bertolt Brecht in seiner Konzeption eines epischen Theaters bzw. didaktischen Theaters den Vernunftaspekt („Reinigung" mittels des Intellekts) betonte. In Antonin Artauds Theater der Grausamkeit gewann diese zentrale Idee der Poetik den kultischen Impuls eines rituellen Theaters zurück.
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GESCHICHTE DES EUROPÄISCHEN DRAMAS |
Das europäische Drama entwickelte sich im 5. Jahrhundert v. Chr. aus dem kultischen Fest um den griechischen Gott Dionysos, der durch ein ekstatisches Chorlied (Dithyrambus) gefeiert wurde: Als man den Chor mit Schauspielern in Dialog treten ließ und epische Heldenstoffe mit aufnahm, entstand die antike Tragödie. Sie wurde zunächst im Rahmen der jährlichen Dionysien aufgeführt. Später emanzipierte sich das Schauspiel vom Chor. Die Komödienform ging aus dem fröhlich-ausgelassenen Maskenumzug anlässlich der Dionysosfeier, dem Komos, hervor. Die erste bezeugte Komödie wurde 486 v. Chr. in Athen aufgeführt.
Im Mittelalter entstand im Umfeld der – auf Latein vorgetragenen – christlichen Liturgie das geistliche Drama, das dem Volk im Kirchenraum Heilsgeschehen durch szenische Darstellung anschaulich nahe zu bringen suchte. Dabei war besonders der so genannte mittelalterliche Tropus wichtig, eine aus Text und Musik bestehende Ausweitung des liturgischen Gesanges. So ging etwa das Osterspiel aus dem Ostertropus hervor, hieraus dann das Weihnachtsspiel, u. a. mit einer Darstellung der Verkündigung der Hirten (Hirtenspiel). Andere Formen entstanden im Kontext von Prozessionen. Die Säkularisierung der Handlung sowie ein Ausbau derb-komischer Szenen führte dazu, dass das Schauspiel, aus den Kirchen vertrieben, auf Marktplätzen aufgeführt werden musste. Dadurch ergab sich die Möglichkeit, vom Kirchenlatein zur Volkssprache überzugehen. So entstanden das deutsche Passionsspiel, das französische Mysterienspiel, das spanische Auto sacramental und – in England – das Prozessionsspiel und die Moralität. Mitte des 14. Jahrhunderts wurde in Holland mit dem Abele Spelen versucht, eine ernste Form des weltlichen Dramas zu etablieren. Im 15. Jahrhundert formte sich in Deutschland mit dem Fastnachtsspiel das weltliche Lustspiel aus.
Das kunstvolle (weltliche) Drama der Neuzeit hat seinen Ursprung in der italienischen Renaissance und griff auf antike Vorbilder – Plautus und Terenz für die Komödie, Seneca für die Tragödie – zurück. Herausragende Autoren waren Ludovico Ariosto, der Staatsmann und Kardinal il Bibbiena (1470-1520, Calandria, 1513) und Niccolò Machiavelli (Mandragola, entstanden 1518, gedruckt 1524). Darüber hinaus trat etwa Torquato Tasso mit Schäferdramen hervor (siehe Schäferdichtung). In Spanien schuf Pedro Calderón de la Barca äußerst bühnenwirksame Theaterstücke, in England revolutionierte William Shakespeare das Drama seiner Zeit. In Deutschland hingegen blieb man auch im 16. Jahrhundert bis zur Ausbildung des Humanistendramas und des Jesuitendramas den mittelalterlichen Spielformen verhaftet. Im 17. Jahrhundert entwickelte sich das schlesische Kunstdrama, in Frankreich, getragen von Corneille und Racine, die höfische haute tragédie (gehobene Tragödie). Stilbildend für das deutsche Lustspiel (Minna von Barnhelm, 1767), das deutsche Trauerspiel (Emilia Galotti, 1772) und das – später in der Weimarer Klassik weiterentwickelte – Ideendrama (Nathan der Weise, 1779, Idee der Toleranz) wurde wiederum Lessing. Um das Geschichtsdrama machte sich Friedrich von Schiller verdient (Wallenstein-Trilogie). Mit seinem Faust über den Faust-Mythos schuf Goethe das herausragende Drama der deutschen Literatur. Innerhalb der deutschen Romantik bekam die Theaterproduktion deutlich phantastische Züge (Ludwig Tieck, Clemens Brentano).
Während des 19. Jahrhunderts stand eher die Bedrohung des Subjekts durch eine als unwirtlich bzw. feindlich erfahrende Wirklichkeit im Zentrum des Interesses (Christian Dietrich Grabbe, Christian Friedrich Hebbel, Franz Grillparzer). In seiner Zeit ohne Beispiel ist die Dramatik Heinrich von Kleists (Penthesilea, Der zerbrochene Krug, Amphitryon). Georg Büchner begründete mit Woyzeck die Tradition des sozial engagierten Dramas, die im Naturalismus aufgegriffen wurde, und schrieb mit Dantons Tod ein philosophisch-resignatives Revolutionsstück ersten Rangs. Der Expressionismus kultivierte das von August Strindberg verfeinerte Stationendrama. In den zwanziger Jahren erlebte das Arbeitertheater als Form des Agitproptheaters in der Weimarer Republik seine Blüte, unter dessen Regisseuren vor allem Erwin Piscator herausragte, welcher das spezifisch „Dramatische" der Stücke in die Inszenierung legte. Um Authentizität bemühte sich das Dokumentartheater. Auch außereuropäische Traditionen wie das japanische No flossen zu Beginn des nach neuen Möglichkeiten suchenden 20. Jahrhunderts in die europäische Dramatik der Moderne ein. Einen Sonderfall bildete das zur Jahrhundertwende als Gesamtkunstwerk konzipierte Musik-Drama Richard Wagners. Unter den deutschsprachigen Dramatikern der Nachkriegszeit ragen vor allem Peter Weiss, Thomas Bernhard, Peter Handke, Botho Strauß und Heiner Müller heraus, letzterer ein später Vertreter des politischen Theaters.
Verfasst von:
Thomas Köster
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EINLEITUNG |
Dramentheorie, theoretische Auseinandersetzung mit Form und Inhalt des Dramas. Die Entwicklung des europäischen Dramas wird von der griechischen Antike an von Dramentheorie begleitet. Bis zum 18. Jahrhundert stand sie allerdings unter dem nahezu alleinigen Einfluss von Aristoteles, obwohl in dessen fragmentarischer Poetik fast ausschließlich die Tragödie behandelt wird – die Komödie wurde vorwiegend mit Analogieschlüssen theoretisch konstruiert. Allenfalls französische Autoren ergänzten die aristotelische Konzeption zu einem System formaler Regeln, die heute als geschlossene Form des Dramas bezeichnet werden. Auf Aristoteles beziehen sich in ihrer Gegnerschaft zur französischen Regelpoetik bzw. zum illusionistischen Theater noch Gotthold Ephraim Lessing und Bertolt Brecht.
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ARISTOTELES |
Aristoteles forderte vom Drama vor allem die Einheit der Handlung, aber auch der Zeit: „Die Tragödie versucht, sich nach Möglichkeit innerhalb eines einzigen Sonnenumlaufs zu halten."; Einzelstränge sollten sich zu einem geschlossenen Ganzen zusammensetzen. Erst die französische Literatur des 17. Jahrhunderts machte daraus die Lehre von den drei Einheiten der Handlung, der Zeit und des Orts. Auch setzte sich Aristoteles für die Beschreibung des Helden als eines mittleren Charakters ein. Die Dramenhandlung definierte er als Knüpfung (desis) und Lösung (lysis) eines Knotens. Daraus wurde bei den Nachfolgern, etwa beim Terenz-Kommentator Donat, die Dreiteilung Einleitung–Verwicklung–Katastrophe (Lösung). Hauptpunkt der traditionellen Dramentheorie war die Unterscheidung von Tragödie und Komödie. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal war der Stand der Personen: Die Tragödie war hochgestellten Figuren, die Komödie solchen niedrigen Standes vorbehalten (Ständeklausel). Dementsprechend gehört zur Tragödie die gehobene Sprache und das Pathos, zur Komödie der mittlere oder niedrige Stil und das Ethos. Stoff der Tragödie sind heroische, der Komödie ungefährliche und private Handlungen. Bedeutsam ist schließlich noch die Beurteilung der Wirkung der Tragödie: Sie soll „Jammer und Schaudern" hervorrufen und „dadurch eine Reinigung von derartigen Erregungszuständen bewirken".
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18. UND 19. JAHRHUNDERT |
In der Dramentheorie der Neuzeit entstanden trotz William Shakespeares Theater einer offenen Form wesentliche Neuansätze erst im 18. Jahrhundert. Nachdem Johann Christoph Gottsched noch einmal das strenge Regelwerk des französischen Klassizismus bestätigt hatte, fordert Lessing in der Hamburgischen Dramaturgie (1767-1769) gemischte Charaktere, die „mit uns vom gleichen Schrot und Korne" seien und statt Bewunderung Mitleid wecken sollten. Aus dem aristotelischen Grundsatz von Furcht und Schrecken wurde Mitleid und Furcht als Wirkung der Tragödie. Auf Überlegungen von Denis Diderot fußend führte Lessing das Drama als Zwischenform zwischen Tragödie und Komödie ein, kritisierte die klassizistischen Regeln, sprach sich gegen Wunder auf der Bühne aus und forderte die Aufwertung des Außersprachlichen wie etwa der Pantomime. Nach Lessing kam mit Jakob Michael Reinhold Lenz im Sturm und Drang ein Theoretiker, der eine weitere Abkehr von Aristoteles vornahm. In seinen Anmerkungen zum Theater (1774) begründet er den schnellen Ortswechsel, das Tempo der kurzen Szenen eines „Dramas der offenen Form", das in der Folge für Christian Dietrich Grabbe, Georg Büchner oder Frank Wedekind charakteristisch wurde. Friedrich Schillers Beitrag zur Dramentheorie beruht in der Skizzierung des Begriffs vom analytischen Drama, die er am Beispiel des König Ödipus von Sophokles vornahm: „Der Ödipus ist gleichsam nur eine tragische Analysis. Alles ist schon da, und es wird nur herausentwickelt." Die Aufklärung des schon vor dem Beginn des Stücks Geschehenen wird bei Heinrich von Kleist in Der zerbrochene Krug zur vorherrschenden inhaltlichen Struktur. (Zur Jahrhundertwende bedienten sich etwa Arthur Schnitzler bei Komtesse Mizzi, vor allem aber bei Henrik Ibsen bei seinen Dramen des Verfahrens.) Die Romantik dann wandte sich entschieden den „antiklassischen" Dramatikern Shakespeare und Pedro Calderón de la Barca zu.
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20. JAHRHUNDERT |
Industrialisierung und Massenkultur erzwangen der Realität in verstärktem Maß den Zutritt zur Bühne; das Individuum verlor seine Vormacht, die alten Regeln wurden obsolet. Peter Szondi beschrieb dies als die Krise des Dramas (1956). Für das Drama des 20. Jahrhunderts besitzt Brechts Theorie des epischen Theaters eine Schlüsselstellung, das erzählerische Funktionen besitzen und Distanz zwischen Schauspielern und Zuschauern herstellen soll (Kleines Organon für das Theater, 1949). Kommentare zum Bühnengeschehen sowie antiillusionistische Wirkungen (Verfremdungseffekt) schaffen Freiheit für den Intellekt. Karl Theodor Kasimir Meyerhold, Erwin Piscator und vor allem Bertolt Brecht erarbeiteten für ein solches Dramenverständnis modellhafte Stücke und Inszenierungen, die über die Zeitgebundenheit ihrer Inhalte Aktualität behielten. Ein weiteres einflussreiches dramentheoretisches Konzept war das Theater der Grausamkeit Antonin Artauds. Auch zum absurden Theater existieren dramentheoretische Abhandlungen, etwa von Wolfgang Hildesheimer.
Verfasst von:
Heribert Däschlein